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Unterwegs im Nanoformat

Das EU-Trainingsprogramm "NanoTRANS" vereint unter der Leitung der University of Cambridge führende ForscherInnen, um weiche Materie und Flüssigkeiten auf Nanoebene zu erforschen. Mit an Bord: Christos Likos und Lisa Weiß von der Gruppe Computergestützte Physik der Universität Wien.

Durch alle Teilprojekte des groß angelegten EU-Trainingsnetzwerks NanoTRANS ziehen sich Fragen rund um den Transport von kleinen Bausteinen und Flüssigkeiten auf Nanoebene. (Computersimulation eines Polymers, © Lisa Weiß)

Flüssig ist nicht gleich flüssig. So unterscheiden sich etwa Blut oder Dispersionsfarben ganz wesentlich von der einfachen Flüssigkeit Wasser mit ihren kleinen, dreiatomigen Molekülen. Erstere zählen zu den sogenannten komplexen Flüssigkeiten, die aus Teilchen, die sich aus einer großen Zahl von Atomen zusammensetzen, bestehen. Durch die thermischen Bewegungen dieser Teilchen auf der Nanoskala werden die Eigenschaften in der Makrowelt verändert, wie etwa die Zähigkeit einer Flüssigkeit. Die Brücke zwischen Mikro- und Makroebenen zu schlagen und so die weiche Materie im Detail zu verstehen, ist sowohl für PraktikerInnen als auch TheoretikerInnen eine Herausforderung.

Netzwerk NanoTRANS


Um neue Erkenntnisse über weiche Materie und Flüssigkeiten zu gewinnen, hat die EU das groß angelegte Trainingsnetzwerk NanoTRANS (Transport of Soft Matter at the Nanoscale) ins Leben gerufen. Dieses läuft innerhalb von Horizon 2020, dem EU-Programm für Forschung und Innovation, und vereint insgesamt zehn Universitäten und Forschungseinrichtungen, darunter die Universität Wien, sowie zwei industrielle Partnerorganisationen unter der Leitung der University of Cambridge.

Christos Likos von der Fakultät für Physik und Leiter des Teilprojekts an der Universität Wien gilt weltweit als führender Forscher auf dem Gebiet der weichen Materie. Er freut sich, am NanoTRANS-Netzwerk beteiligt zu sein und sich nun erstmals nicht mit ruhenden, sondern mit fließenden komplexen Flüssigkeiten zu beschäftigen. Unterstützt wird er dabei von der Doktorandin Lisa Weiß, die er für das Projekt von der Universität Regensburg nach Wien holen konnte.

Christos Likos und die Doktorandin Lisa Weiß von der Universität Wien sind die österreichischen Partner im großen EU-Trainingsprogramm NanoTRANS. (© Universität Wien)

Mobilität und Austausch

"Das Besondere des EU-Projekts ist, dass es sich dabei um ein Trainingsnetzwerk handelt, in dem europäische NachwuchsforscherInnen gezielt gefördert werden und dadurch die Chance bekommen, mit führenden WissenschafterInnen zusammenzuarbeiten", erklärt Christos Likos. Im Zuge von NanoTRANS wird Lisa Weiß an das Forschungszentrum Jülich in Mainz gehen und dort mit Austauschdoktoranden Arash Nikoubashman forschen. Darüber hinaus wird ein Doktorand des Forschungszentrums Jülich drei Monate an der Universität Wien verbringen.

Transport auf der Nanoskala

Durch alle Teilprojekte von NanoTRANS ziehen sich Fragen rund um den Transport von kleinen Bausteinen (Kolloide bzw. Polymere) und Flüssigkeiten auf Nanoebene. An der Universität Wien gehen Likos und Weiß der Detailfrage nach, wie sich lange, ringförmige Molekülketten – sogenannte Ringpolymere – in komplexen Flüssigkeiten beim Transport verhalten. "Wir beobachten, wie die einzelnen Bausteine der Ringpolymere in Mikro- und Nanometer breiten Kanälen, beispielsweise Arteriolen, transportiert werden, wo sie sich im Kanal anordnen und welche räumliche Ausdehnung sie haben", erklärt Doktorandin Lisa Weiß.

Hilfe kommt vom Supercomputer

Dazu verbringt die Nachwuchsforscherin viele Arbeitsstunden am Computer. Und das nicht an irgendeinem Computer, sondern am Vienna Scientific Cluster 3, dem derzeit größten Supercomputer Österreichs. Die große Rechenpower benötigt das Universität Wien-Team, um die Ringpolymere zu simulieren.

Die Animation oben (zum Abspielen anklicken) zeigt ein lineares, semiflexibles Polymer während seines Transports im Nanochannel - die lineare Kette ist beim Transport sowohl gestreckt bzw. knäult sich in Haarnadel-Form zusammen. In der Animation unten sieht man einen semiflexiblen Polymerring, dessen Form und Orientierung beim Transport fluktuieren. Beide Videos sind Simulationen mit periodischen Randbedingungen: "Verlässt das Molekül auf der einen Seite die Simulationsbox, kommt es an der gegenüberliegenden Seite wieder herein", erklärt Likos.

Dabei spielt das Verhältnis der Ringgröße des Polymers zum Kanal eine entscheidende Rolle: Arterien sind niemals gleich groß – sie verengen sich und werden wieder breiter, während die komplexe Flüssigkeit Blut durch sie hindurchfließt: "Wie genau sich diese Kanalveränderung auf das Ringpolymer auswirkt, beispielsweise in punkto mittlere Transportgeschwindigkeit der Polymere, stellen wir am Supercomputer nach", erklärt Weiß.

Je komplexer die Polymere, desto mehr Computerzeit bzw. -leistung benötigen die ForscherInnen."Wir wollen die Anpassung, Verbreitung und Ausbreitung von Ringpolymeren, die sich in Flüssigkeiten bewegen, verstehen", fasst Christos Likos die Projektziele zusammen. Ihre Forschungsergebnisse eröffnen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Beispielsweise wird es möglich sein, das Verhalten chemischer oder pharmazeutischer Produkte – z.B. von Medikamenten oder Kosmetika – im Blut detaillierter vorherzusagen. (td)

Das EU-Trainingsnetzwerk NanoTRANS startete im März 2016 und ist auf vier Jahre anberaumt. Es besteht aus insgesamt zehn Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie zwei industriellen Partnerorganisationen unter der Leitung der University of Cambridge. Das Teilprojekt an der Universität Wien, "Transport of ring polymers in microfluidic channels", leitet Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Christos Likos von der Gruppe Computergestützte Physik, Lisa Weiß, MSc, ebenfalls von der Gruppe Computergestützte Physik, ist Doktorandin im Projekt.

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